In Solidarität mit Maja, Hanna und all den anderen Gefangenen und verfolgten Antifas!

FÜR EINEN MILITANTE PERSPEKTIVE, DIE SICH DER WIRKLICHKEIT STELLT.

FÜR EINE GESELLSCHAFT OHNE KNÄSTE – WAS HAT DIE FASCHISIERUNG MIT MAJAS UND HANNAS SITUATION ZU TUN?

Als eine Vulkangruppe innerhalb antifaschistischer Strukturen möchten wir mit diesem Text einen Beitrag zur Debatte, Orientierung und zu Aktionen geben und fänden es mega, wenn andere Gruppen sich in die Debatte einbringen und einmischen. Wir schreiben diesen Text vor dem Hintergrund, dass der Prozess von Maja noch läuft und unklar ist, wie lange sie in einem ungarischen Knast zubringen wird. Hanna wurde gerade zu fünf Jahren Knast verurteilt (Die beiden Staatsanwältinnen forderten neun Jahren Knast wegen versuchten Mordes). Weitere aktuelle Veränderungen konnten von uns nicht berücksichtigen werden. Unabhängig von dem Ausgang der Prozesse und der weiteren Entwicklungen sind jetzt schon die Verfahren gegen die sogenannte Ost Antifa und der internationalen Verfolgung, gekoppelt mit einem Vernichtungswillen im Budapestkomplex ausreichend, um unsere Aussagen unten zu untermauern.

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Ein Blick zurück: Maja wird vorgeworfen, im Februar 2023 in Ungarn an Aktionen gegen Faschisten beteiligt gewesen zu sein. Diese Aktionen sollen sich am Rande des europäischen Neonazi-Aufmarschs „Tag der Ehre“ in Budapest ereignet haben.

Im Dezember 2023 wird Maja in Berlin deswegen festgenommen. Der Tagesspiegel aus Berlin schreibt hierzu: „Sechs Monate später erlaubte das Berliner Kammergericht die Auslieferung nach Ungarn – rechtswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht später feststellte, da das Gericht die Haftbedingungen für non-binäre Menschen in Ungarn nicht ausreichend geprüft habe. Doch die Entscheidung aus Karlsruhe kam wenige Minuten zu spät.“

Mit dieser Sicht kann sich die bürgerliche Öffentlichkeit vielleicht diesen Vorgang erklären, um sich und ihre Institutionen in demokratischen Gewissheiten sicher zu glauben. Wir haben eine andere Analyse:

Es geht hier nicht um schlechtes Zeitmanagement, sondern um einen kalkulierten Rechtsbruch mit einem politischen Ziel.

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Seit Februar 2025 steht Maja als Angeklagte:r vor dem Budapester Stadtgericht. Unter Androhung von 24 Jahren Haft hat die Staatsanwaltschaft versucht, Maja zu einem Schuldeingeständnis zu zwingen, das „nur“ 14 Jahre vorsieht.
Man versucht Maja zu brechen, indem sie als nonbinäre und politische Person einer Behandlung unterzogen wurde und wird, die menschenverachtend ist. Maja sagte dazu: „Ich kann die Haftbedingungen in Ungarn nicht weiter ertragen. Meine Zelle war über drei Monate rund um die Uhr illegal videoüberwacht. Ich musste über sieben Monate außerhalb meiner Zelle immer Handschellen tragen“. Hinter Milchglasfenster eingemauert wird Maja von sinnlichen Einflüssen wie Sonnenlicht, Himmel und Wolken abgetrennt. Getrennt von der Kommunikation mit anderen Menschen ist Maja an das Limit des Ertragbaren gekommen. Auf diese Weise entrechtet und ihrer Würde beraubt, hatte Maja sich in einen Hungerstreik begeben. Wir haben große Achtung davor, dass sie darüber hinaus nicht nur für sich, sondern auch für die anderen von Abschiebung nach Ungarn bedrohten Antifas kämpfte und kämpft.
Nach vierzig Tagen hat Maja zum Schutz der Gesundheit den Hungerstreik abgebrochen, da der körperliche Zustand Anlass zur Besorgnis gab. Gegen Majas Willen erwogen die Gefängnisärzte sogar die Zwangsernährung und einen Herzschrittmacher.

Wir finden richtig, dass Maja den Hungerstreik abgebrochen hat.

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Maja kann momentan nur innerhalb des Knastsystems kämpfen und deutlich machen, wo sie steht und was sie braucht. Maja ist darin eindeutig und politisch klar. Wir hier draußen haben die Verantwortung zur Analyse der Situation  und müssen entsprechende Versuche unternehmen, ihre Bedingungen zu verbessern; und um sie schlussendlich auch aus dem ungarischen Knast herauszubekommen.

Doch wie kann das gehen? Und vor welchem Hintergrund hat sich Majas Auslieferung eigentlich abgespielt? Diese Frage ist von Bedeutung, denn mit den Antworten definieren sich auch unsere Optionen. Was also bedeutet das für uns, wenn wir einen politischen Weg finden wollen, der Maja supportet und schützt und dem Knastsystem entreißt, dem Maja gerade ausgeliefert ist? Sehen wir Möglichkeiten? Wir glauben, wir alle hier draußen, müssen darauf einige Antworten finden. Es geht nicht nur um uns als Antifa – es geht um uns alle, die eine Gesellschaft wollen, die keine Faschisten mehr kennt.
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Wir gehen davon aus, dass das Innenministerium nach dem an sich schon skandalösen Urteil des Berliner Kammergerichts maßgeblich an der Auslieferung von Maja nach Ungarn beteiligt war. Es ist total unüblich, dass der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgegriffen wird. Die hastige Überstellung von Maja in einer Nacht- und Nebelaktion kann in der Entscheidung dieses Vorgangs nur über das BKA gelaufen sein. Das BKA ist unserer Kenntnis zufolge institutionell für die Überstellung in andere Länder zuständig. Selbst wenn die Entscheidung über Europol gelaufen wäre, wäre die Entscheidung nicht ohne das BKA gelaufen, sie sitzen mit ihren Vertretern auch in Europol. Willfähriges Organ der Ausführung war das pro-faschistische sächsische Landeskriminalamt. Unter „profaschistisch“ verstehen wir im weiteren Text Institutionen, die
als Apparate eine Funktion haben, deren repressive Lösungen systemisch autoritären Mechanismen zusprechen und wichtiger Teil des laufenden „regime change“ sind. Wer die Apparate strategisch übernimmt, muss keinen Putsch mehr organisieren. Denn die Apparate sind schon da und funktionieren, sie müssen als Institutionen in einem „demokratischen“ Prozess nur übernommen werden, um eine Diktatur und ein totalitäres System zu errichten.

Wir wollen damit sagen, dass die Entscheidung der Auslieferung von Maja an die ungarische Justiz auf einer politischen Ebene und absichtsvoll gefallen ist und von profaschistischen Strukturen ausgeführt wurde!
Die Verschärfung der Haftbedingungen in Orbans Ungarn und der Angriff auf Majas physische und psychische Unversehrtheit waren einkalkuliert. Sie waren und sind gewollt. Und die Entscheidung zur Auslieferung sind ein Testballon, inwieweit die profaschistischen Institutionen an geltendem Recht vorbei agieren können. Und ein Vorgeschmack dafür, was uns auf breiterer Ebene bald erwarten wird, wenn wir darauf keine politischen Antworten finden.

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Die Auslieferung ist mittlerweile zu einem Politikum geworden, nicht zuletzt auch durch Majas Positionierungen aus dem Knast heraus, durch den starken Support des liebevollen Vaters und durch eine gute Solidaritätsarbeit, die ihre Wirkung bis in die bürgerlichen Medien hinein bekommen hat. An diese Voraussetzung sollten wir anknüpfen, wenn wir jetzt mit diesem Text zu einer neuen Phase im Kampf für Maja anregen wollen. Denn Maja hat in dem Interview mit der TAZ deutlich gemacht, dass sie, sobald sie wieder hafttauglich ist, in die gleichen Knastbedingungen wie vorher zurückkehren wird. Maja beschreibt diese als nicht aushaltbar.

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Aus diesem Grund wollen wir über die politischen Rahmenbedingungen reden, um zu einer Einschätzung zu gelangen. Wir glauben nicht, dass es damit getan ist, über den Rechtsruck zu reden, den wir gerade erleben. Das macht alleine noch keine Gegenstrategie und auch keine Perspektive, Maja einen weiteren Hungerstreik zu ersparen.
Es gibt unübersehbar immer mehr Merkmale einer aktuellen Faschisierung der Politik, der Gesellschaft und der staatlichen Institutionen. Doch wirklich neu ist das „Phänomen“ nicht. Die Abgrenzung von „inneren Feinden“ kennen wir zahlreich aus der Geschichte der Bundesrepublik (die DDR als untergegangener Staat mit seinemRassismus und den Umgang mit den inneren Feinden vernachlässigen wir an dieser Stelle).

Die jüngste Denunziation von militanten, organisierten Antifagruppen und deren Angriffe auf Faschisten im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren wurde mit dem Stigma brutaler Schlägerbanden aufgeladen, indem sie als „Hammerbande“ fortan bezeichnet wurden.
Diese Stigmatisierung als „Hammerbande“ war notwendig, um einen Keil zwischen militanter Antwort und bürgerlichen Unmut gegenüber Nazis zu treiben. Eine militante und notwendige Praxis, die Bewegungsspielräume des organisierten Faschismus in dem wiedervereinten Deutschland klein zu halten versucht, ist unerwünscht, weil der Staat und seine Institutionen, ein taktisches Interesse an der Kontrolle und Steuerung faschistischer Kräfte hat. Im NSU-Komplex zeigte sich zum Beispiel, dass der Staat in Gestalt des Verfassungsschutzes rechte Gruppen aufbaut, logistisch versorgt und steuert. Diese faschistischen Kräfte sind dann die willkommenen Stichwortgeber für staatlich legitimierte Verschärfungen gegenüber Migrant:innen.
Pogrome und Angriffe zum Beispiel auf „Ausländerwohnheime“ wurden als Ausdruck „wütender Bürger“ aus der Mitte der Gesellschaft angeführt, die von der Migration überfordert seien, und wo die Politik jetzt eingreifen müsse. Und zwar im Sinne der „betroffenen Bürger“. So dienten die vergangenen Pogrome der Politik oft genug dazu, eine Verschärfung der Asylgesetzgebung durchzusetzen.
Mit der Kampagne gegen Migrant:innen in der 1980ern wurde ihr erster propagandistischer Höhepunkt in Westdeutschland erreicht – eskortiert von der Parole einer „Flüchtlingsflut“, die das Land überschwemmen würde. Die Ausländerbehörden exekutierten dann diese Politik, die in einer Allianz mit faschistischen Übergriffen Oberwasser bekam. Das Nachkriegsdeutschland hatte das rassistische bis hin zu völkische Fahrwasser nie verlassen – als beispielsweise die Menschen, die als „Gastarbeiter“ gebraucht wurden, zu „Itakern“ oder „Kanaken“ wurden.
Die ursprüngliche Anwerbepolitik von „Gastarbeitern“ in der BRD stand im Zusammenhang mit dem Bau der Mauer, weil dadurch der Zugang zu den Arbeiter:innen aus Osteuropa wegfiel (In der DDR bediente man sich sogenannter Vetragsarbeiter, die mit der ostdeutschen Bevölkerung keinen Kontakt haben durften). In den 50/60er Jahren der BRD entsprach die Zahl der „Gastarbeiter“ in der BRD ungefähr der Höhe der Zwangsarbeiter:innen im NS. Die BRD holte um die 5 Millionen Menschen aus Süd- und Südosteuropa ins Land. Aus Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Südkorea, Indien usw.. Diese Arbeitsarmee war auch im Westen nur auf Zeit vorgesehen. Doch dies kollidierte mit den Interessen der expandierenden Wirtschaft, die für die Fließbandarbeit Menschen benötigte. Die Kämpfe der Migrant:innen für „Sesshaftigkeit“, bzw. Bleiberecht wurden wegen des Arbeitskräftebedarfs in dieser Phase toleriert. Doch das postfordistische Modell geriet in die Krise, sodass es um 1973 zu einem Anwerbestopp kam. Trotzdem wuchs die Migrationsbevölkerung in Deutschland, durch Familiennachzug und aufgrund diktatorischer Verhältnisse in anderen Ländern, die zu neuen Fluchtbewegungen führten, beispielsweise aus der Türkei wegen des Militärputschs oder aus Lateinamerika. Letzteren kam das Asylrecht bei politischer Verfolgung mehr oder weniger zu Gute.
Das erste „Remigrationsgesetz“ wurde dann 1993 von der Regierung unter Kohl erlassen und nannte sich „Rückkehrförderungsgesetz“.

Es entwickelte sich eine zunehmend aggressivere Abwehr von  „Nicht-Deutschen“, die rassistisch aufgeladen wurde und gegen Geflüchtete aus der Türkei und Südosteuropa ging, z.B. gegen die Roma und Sinti.

Zu verstehen, dass Remigrationspolitik schon ab der Regierung Kohl Regierungslinie war, ist wichtig, wenn wir überlegen, wo wir ansetzen sollen, wenn wir Maja supporten wollen.
Die oben beschriebenen sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge waren und sind Teil einer internationalen Migrationsbewegung , die in die reichen Länder wollten und wollen. Die Fluchtbewegungen sind bis heute nicht abgebrochen und werden noch zunehmen, weil auch die Gründe der Flucht nur angewachsen sind statt zu verschwinden. Armut, Kriege, Umweltzerstörungen, Klimakatastrophen….Über 600 Millionen Menschen hungern weltweit, Tendenz steigend.  Zur Steuerung dieser Migrationsbewegungen wurde und wird das Asylrecht seitdem immer weiter zerstört, um Schlupflöcher zu schließen.
Die Grenzen werden zu einem technisch hochgerüsteten Schutzwall des Reichtums hochgezogen und Migration wird kriminalisiert. Für die reichen Staaten als Verursacher von Flucht- und Migrationsbewegungen dient die Überwachung der Grenzen auch nicht nur der Verhinderung von Migration, sondern deren zusätzlicher Kontrolle. Die Migrationskontrolle und Zerstörung des Asylrechts erlaubt es, den Arbeitskräftebedarf sicher zu stellen und zu steuern. Die Anwerbung für die IT-Branche und gut ausgebildeter Fachkräfte geht weiter. Und die Arbeiter:innen in der Pflege, auf dem Bau und in der Landwirtschaft landen hier in prekären Verhältnissen, um in unterbezahlten Jobs jederzeit wieder aus dem Land zu fliegen. Die demokratische Mitte und die faschistischen Kräfte am äußersten rechten Rand stehen in einer Wechselwirkung und in einem unausgesprochenen Bündnis zueinander, das unter anderem die Zerstörung des Rechts auf Asyl auf ihrer Agenda hat.
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Weil es innerhalb der staatlichen Institutionen und der Politik kein gesteigertes Interesse gibt, faschistischen Strukturen das Handwerk zu legen, stören unkontrollierte Eigeninitiativen, wie die der Antifa und ihrer militanten Flügel. Man braucht die extreme Rechte, um sich als demokratische Mitte nach Rechts abgrenzen zu können und doch das Gleiche zu tun. Dann kann man auch zu Demonstrationen gegen Rechts aufrufen, obwohl man die Antifa verfolgt und das Asylrecht bis zur Unkenntlichkeit aushöhlt. Und dann können die demokratischen Parteien durch die sogenannte Brandmauer bei den Wahlen davon profitieren, weil die verunsicherten Menschen dann Parteien wählen, mit denen sie eigentlich politisch schon zu Recht abgeschlossen haben.

Einige Kräfte im Apparat brauchen die organisierten Faschisten als „Reservearmee“ und als potentielle „Todesschwadronen“ gegen eine militante Opposition, wenn diese gesellschaftlich zu stark werden sollte, und wenn die Terrorismuskeule zur Spaltung in der Bevölkerung und Isolierung sozialer, militanter Bestrebungen  nicht mehr funktioniert.
Wir erinnern dazu an die gesteuerten Morde durch Geheimdienst und Rechtsradikale auf dem Oktoberfest 1980, die zu einer „Strategie der Spannung“ gehörten, an „Gladio“ als eine Geheimarmee und konterrevolutionäre Organisation, die zur Auslöschung des linken Widerstands in Europa installiert wurde. Monate zuvor hatten italienische Faschisten in Bologna im Auftrag der „Gladio“ eine Bombe gelegt mit 84 Toten, die der bewaffneten Linken in die Schuhe geschoben werden sollte. Wir erinnern an die westdeutsche Zusammenarbeit mit der türkischen Diktatur 1980, die für Kemal Altun zum Sprung aus dem Gerichtsfenster im August 1983 in den Tod führte, um sich der Abschiebung in die Folter zu entziehen. Wir erinnern an die Nazi-Hepp-Gruppe in den 1980ern, die amerikanische GI’s angriff, um Antiamerikanismus mit linksradikalem Widerstand gegen Krieg zu verschmelzen. Wir erinnern an den NSU, der mit Deckung des Verfassungsschutzes Migranten ermordete und dessen Struktur bis heute im Dunkeln geblieben ist. Und das war nur die Spitze des Eisbergs.

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Hier schließt sich der Kreis, der Maja in einen ungarischen Knast brachte. Die Versuche militanter und bunter Antifagruppen, in den „Tag der Ehre“ in Budapest hinein zu intervenieren, wurden von einigen Medien und der Polizei zu einer europäischen terroristischen Struktur aufgebauscht, die mit allen Mittel zerschlagen werden muss. Nicht der „Tag der Ehre“, der als Treffpunkt und Vernetzungsort einer Reorganisationsstruktur terroristischer und rassistischer, völkischer  Gruppen in Europa fungiert, wird als Skandal benannt, nicht die Migrationspolitik Europas und Ungarns, sondern europäische lose Antifazusammenhänge, die dieser faschistischen Gewalt etwas entgegensetzen wollten. Der Widerstand, der der NS-Verherrlichung als internationale Kampagne entgegenwirken wollte, hat unsere Unterstützung. Die Kriminalisierung dieses Widerstands zeigt auf die Akteure und ihre Absichten dahinter, die wir oben ausgeführt haben. Gerade wird die „Antifa“ zu einem brutalen, terroristischen Haufen erklärt, und der wutschäumende Hass gegen die ominöse Antifa wird gezielt von oben und von den profaschistischen Strukturen gesteuert. Selbst Trump macht sie immer wieder zum Ziel seiner Angriffe.

Warum? Eine militante Antifa stellt das Gewaltmonopol des Staates in Frage. Eine unkontrollierte Kraft, die der Gewalt des Staates und der Gewalt der Faschisten etwas entgegensetzt, ist eine Herausforderung für die repressiven Organe des Staates und muss zerschlagen werden. Die Transformation von einem  Modell von Herrschaft hin zu  einem neuen Modell von Herrschaft erfordert die Auslöschung der Widersprüche im Inneren. Das erklärt auch die scheinbar überzogene Härte gegenüber Menschen, die sich gegen den „Tag der Ehre“ zusammengetan und zugeschlagen haben. Einem Tag, an dem die Waffen-SS gefeiert wird und der Faschismus verehrt wird, gedeckt vom ungarischen Staat.

Wir kennen die Kriminalisierung auch in anderem Zusammenhang, als der „harmlose“ Flügel der Klimabewegung, die „Letzte Generation“, einer Kriminalisierungswelle und Hetze gegenüber stand und steht, die bis heute zur demoralisierenden Wirkung in der Klimabewegung beiträgt. Angeheizt und dann flankiert, und das ist nicht zu unterschätzen, wurde diese staatspolitische Kriminalisierung und mediale Demoralisierung der etwas blauäugigen Bewegung von einer reaktionären Presse, wie Welt und Springer, von Lobbyisten für den Verbrennermotor, von Wirtschaftsvertretern und anderen Sackgesichtern in der Politik, die diese Gruppen absichtsvoll in die Nähe des Terrorismus gerückt haben. Absichtsvoll deshalb, um diese unliebsamen Gruppen zu isolieren, die Bevölkerung aufzuhetzen und der Kriminalisierung die Schleusen zu öffnen. Und das alles für Gruppen, die u.a. nur ein Tempolimit auf Autobahnen forderten. In einem Land, in dem die Autobahn schon im NS ein Identitätsmerkmal war und der Verbrennermotor und der Individualverkehr zur deutschen DNA gehören, bildet die Automobilindustrie in jeder deutschen Regierung einen Machtfaktor, der, wenig verwunderlich, die politischen Vertreter nicht direkt kaufen muss. Die Interessensidentität und Identifikation mit dem Wirtschaftssystem und der Gier nach grenzenlosem Wachstum mit steigenden Profitraten ist der Politik eingeschrieben. Die Verflechtung der Politik mit der Industrie drückt sich in den Vorständen und Aufsichtsräten aus. Und beginnt schon auf kommunaler Ebene. Wer beispielsweise als grüner Aufsichtsrat in einem städtischen Verkehrsbetrieb sitzt, wird keine Wirtschaftspolitik in Frage stellen, sondern diese goutieren. Sich dies zu vergegenwärtigen ist wichtig, wenn wir z.B. den krassen Angriff auf Gruppen wie die „Letzte Generation“ richtig einordnen wollen. Zum einen ging es darum, deren kritisches Verhältnis zur repräsentativen Demokratie einzuhegen und Methoden zivilen Ungehorsams zu diskreditieren. Nicht umsonst sind heute viele Klimaaktivist:innen von den Parteien (Die „Grünen“ und „LINKE“) aufgesogen worden. Und es galt auch in Bezug auf die „Klimakleber“, weitergehende Politisierungsversuche und direkte Aktionen zu unterbinden, die eine in unserem Sinne richtige Perspektive aufzeigen. Die erfolgreiche Sabotage der Raffinerie in Schwedt vor ein paar Jahren war keine symbolische Aktion, sondern traf als direkte Aktion einen Nerv. Der Vorwurf gegen die Gruppe lautete „Terrorismus“, weil sie die Ventile der Pipeline zudrehte und den Betrieb stoppte. Von der Heftigkeit der Vorwürfe hat sich die „Letzte Generation“ leider beeindrucken lassen und das sollte auch Sinn und Zweck der Kriminalisierung sein.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, warum es in Anbetracht der Zerstörung der Erde, nicht viel mehr solcher Sabotageaktionen oder Interventionen gibt. Die Kriminalisierung treibt auch in die Ohnmacht, wenn eine Bewegung erfolgreich kriminalisiert und isoliert wird und die verschiedenen Bewegungen sich nicht oder zu wenig solidarisch zueinander verhalten. Wer nur die Solidarität aus der eigenen kleinen Bubbel erfährt, kann schnell an die Grenzen des eigenen (zivilgesellschaftlichen) Widerstands in Bezug zu anderen im Widerstreit mit Herrschaft bestehenden Gruppen kommen, deren Solidarität aber maßgeblich ist für die Zurückweisung von Kriminalisierungen. In Bezug zu Maja und den Vorwürfen zur militanten Intervention in Budapest gegen Nazis müssen wir ganz deutlich sagen; wer die Solidarität, die Maja gerade braucht, der Familie, dem Umfeld der Antifa und anarchistischen Gruppen überlässt, lässt nicht nur Maja und den Kampf gegen die Nazis im Stich; der hat das Kernproblem des Angriffs auf uns alle nicht verstanden. Und wer sich von einer wie auch immer gearteten Antifa distanziert, wird sich wundern, wenn eines Tages die eigene Gruppe ins Visier rückt und niemand mehr da ist, der sich solidarisch verhält.
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Es gibt Gruppen, die die Blockade der Straßen durch Klimaaktivist:innen als taktischen Fehler einordneten, weil damit nicht die Konzerne und die fossile Infrastruktur wie in Schwedt angegriffen worden seien. Die Klebeaktionen hätten es der Bildzeitung vereinfacht, die Autofahrer:innen zu mobilisieren und aufzuhetzen, die dann zur Selbstjustiz griffen, um die „Klimakleber“ an den Haaren von der Straße zu zerren. Das ist uns zu einfach. Es wäre ehrlicher zu sagen, dass wir alle überrascht waren, mit welcher Heftigkeit auf diese Aktionen reagiert wurde. Und wie wir als Zuschauer:innen den Stimmungswechsel erlebten, der sich generell gegen Klimaaktivismus breit machte. Wir, die verschiedenen Gruppen in den verschiedenen Bewegungen haben es versäumt, der „Letzten Generation“ und anderen radikalen Klimaaktivist:innen politisch stärker und offensiver zur Seite zu stehen, auch wenn wir vielleicht nicht alles geteilt haben. Die mediale Hetze und Entsolidarisierung führte zu einer Spaltung, die im Rückblick leicht als Salamitaktik zu verstehen ist. Hetzen, kriminalisieren, Keil hineintreiben und spalten. Und dann die nächste Gruppe mit einer Kriminalisierung überziehen.
Problematisch in diesem Zusammenhang ist auch die sektiererische Politik vieler Gruppen, die die eigene Gruppe immer für das Nonplusultra halten und sich zu Konflikten anderer Gruppen abwartend oder gar nicht verhalten.
Diese Schwäche der Bewegung, die in der Tat immer schwerer zu definieren ist, muss in der Solidarität zu den Angeklagten im Budapest-Komplex und der Kriminalisierung der Antifa auf breiter Ebene durchbrochen werden. Uns ist die Solidarität noch zu schwach und zu wenig strömungsübergreifend. Können wir uns nicht in Anbetracht des krassen Angriffs auf uns alle, uns enger zusammenschließen und offener aufeinander zugehen.

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Verändern sich die gesellschaftlichen Koordinaten, kann der Staatsapparat, langsam und leise von einer demokratischen Verwaltung zu einer faschistischen Verwaltung übergehend, weitgehend widerspruchslos übernommen und dann umgebaut werden. Das hat auch 1933 schon mal geklappt. Und das können wir auch in vielen Ländern aktuell genau beobachten.

Konservative und neue Rechte verschmelzen zusehends mit den klassischen Faschisten, den religiösen Fundamentalisten und den Tech-Faschisten und deren Anhängerschar hin zur neuen Mitte der Gesellschaft!
Sozialdemokraten, Teile der ehemaligen Linken, wie die BSW und die Grünen, springen noch schnell auf, weil sie in ihrem Opportunismus auch Anspruch an Macht und Mitgestaltung der künftigen Verbrechen erheben. Sie alle sind Teil dieser neuen Mitte, die nach der Macht greift und diese neu gestalten will. Die Staatsapparate, die Strukturen der institutionalisierten Gewalt, die in der repressiven Demokratie ihren Platz hatten, werden langsam aber spürbar umdefiniert.

Es besteht bereits eine unsichtbare Koalition extremer Rechter, deren Akteure in staatlichen Institutionen sitzen, mit ideologisch nah an den rechtsradikalen Ideologien agierenden Medien, wie Welt und Springer oder den rechten Influencer und Trolls in den sozialen Medien . Sie vereint ein hohes Interesse, den emanzipatorischen militanten Widerstand mit Terrorismushetze und Kriminalisierung zu überziehen. Jeder gesellschaftliche Widerspruch, wie „die Antifa“, die einer Vorbereitung staatlicher Machtübernahme entgegensteht, wird zwar im Moment noch mit den Mitteln der „demokratischen“ Justiz angegriffen und kriminalisiert. Doch die staatlichen Institutionen gleiten nicht nur langsam in die Hände rechtsradikaler Akteure, sondern diese sitzen da schon immer. Neu ist, dass diese Akteure innerhalb der Institutionen mit wachsendem Selbstbewusstsein auf der neuen Welle des weltweiten Trends zur Verrohung und zur Brutalität gegenüber Andersdenkenden (und Minderheiten) reiten: und setzen, entgegen bisherigen Standards, den neuen Trend um. Sie haben bereits jetzt schon punktuell die Macht, um Maja gegen jede bisherige Gepflogenheit außer Landes zu schaffen. Dazu braucht es keine Braunhemden. Gutbürgerliche Chauvinist:innen aus der Mitte der Gesellschaft, die sich in allen gesellschaftlichen Schichten und Bereichen als Teil der Gesellschaft offen und selbstbewusst zu erkennen geben, können dies strukturell durchsetzen.
Wenn unsere Analyse zutreffend ist, dass die neuen Rechten bereits in der Mitte der Gesellschaft und in den Institutionen sitzen und von dort aus auch agieren, wird die Parole „Nazis raus“ zu einer eher hilflosen Forderung.

Dort wo die Machtübernahme, wie in den USA weit fortgeschritten ist, werden die Institutionen, die noch vom „Feind“ besetzt sind, bzw. einem vermeintlich humanitären, menschenrechtlichen Auftrag dienen, gleich ganz zerschlagen.

Diese Radikalisierung der Institutionen, vergleichbar mit der im NS, wird bei der Polizei, der Justiz und dem Militär schleichend vollzogen und gerne angenommen – denn der Widerspruch der meisten Beamten zu einer autoritären Ideologie, zu einer autoritären Ordnung und Durchsetzung von Machtinteressen ist kein sonderlich großer. In den repressiven Staatsorganen der repräsentativen Demokratie war diese Möglichkeit die ganze Zeit schon angelegt und viele Beispiele in der Geschichte verdeutlichen – es wurde schon immer auf eine Radikalisierung der Institutionen zurückgegriffen, wenn die Koordinaten dafür stimmten. Wenn Pogrome und tödliche Brandstiftungen mit dem Willen der Politik in Übereinstimmung standen, waren die Institutionen nie neutral. Dann wurde wie beim NSU von „Dönermorden“ geredet, von möglichen kriminellen Hintergründen und Streitigkeiten in der migrantischen Community – nicht von möglichen rassistischen und faschistischen Verbrechen.
Die Institutionen, die Majas Auslieferung in die Wege geleitet und umgesetzt haben, waren Akteure im Kampf gegen eine nonbinäre Antifaschist:in, deren Vernichtung sie sich auf ihre Fahnen geschrieben haben. Das sächsische Landeskriminalamt, mit Billigung oder aktiver Beihilfe des BKA, hat sich wie ein Bande institutioneller Faschisten im demokratischen Gewand verhalten, die noch nicht den Auftrag zur Hinrichtung bekommen haben, aber diesem Geist bereits entsprechen. Die generalstabsähnlich vorbereitete Abschiebung in Orbans Hände spielte bewusst mit dem Leben der Antifas. Wäre der Aufruhr über die Auslieferung Majas nicht so groß geworden, wären jetzt weitere Antifas in den Händen eines Staates, in dem das Leben und die Unversehrtheit von Maja nicht viel zählt.  
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Wir befinden uns in einer Ära multipler Krisen. Die „Zeitenwende“ ist eine historische Zuwendung zu einer kriegswirtschaftlichen Realität, die gerade von oben gesetzt wird. Der ursprünglich vorgesehene „green deal“ – dem Ende der Nutzung fossiler Energie zugunsten der propagierten „grünen“ Energie ist ad acta gelegt. Mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine werden nicht nur die Karten der Machtkonstellationen neu gemischt, sondern auch die Folgen und Grenzen der „grünen“ Neuorganisierung der Wirtschaft sichtbar. Es läuft auf den Krieg um Ressourcen wie seltene Erden, Wasser, Nahrung hinaus. Die multiplen Krisen (Klima, Ressourcen, kommende Pandemien, Wirtschaftskrisen) kommen nicht aus dem Nichts. Die Züge eines heraufziehenden Faschismus, beziehungsweise neuer totalitärer Herrschaftsformen werden erkennbar. Wir können dies nicht auf die AfD verkürzen, sonst verkennen wir den patriarchalen und rassistischen Backlash, dem wir gerade gegenüber stehen. Der Angriff kommt aus der Mitte der Gesellschaft, weil ein Wohlstandschauvinismus dort sein Zentrum hat. Mit einer Selbstgerechtigkeit, mit der die Welt als Beute betrachtet wird, die einem zusteht. Und einer bewusst geschürten Angst vor dem Abstieg, vor einer „Überfremdung“, vor dem weltweiten Kollaps, der vor dem eigenen Heim nicht halt machen wird (Eine  Angst, die sich bis in die eigenen Strukturen reinfrisst und soweit geht, dass sich sogar Linke neuerdings in „Kollapscamps“ versammeln und diskutieren, wie sie sich in Sicherheit bringen können, wenn schon der „Sieg über den Kapitalismus“ nicht mehr gelingen will).    In dieser Mitte entsteht eine antiemanzipatorische Gegenbewegung, um die zunehmende Erodierung der alten Werte wie Familie, Geschlechterrollen und konservative Werte wo Oben und Unten klar definiert war, aufzuhalten. Die Mitte der Gesellschaft sucht die Absicherung des eigenen Lebensstandards auf Kosten anderer Menschen und Länder in einer autoritären Lösung. Diese Tendenz verbindet sich ideologisch immer stärker mit den Inhalten der neuen Rechten. Die Differenzen schmelzen angesichts der Weltlage und der gefühlten Bedrohung zusammen und bilden die neue Mitte der Gesellschaft. Aus ihr heraus kommt der Angriff auf Migrant:innen, auf Menschen, die mit wachsendem Selbstbewusstsein nicht der Geschlechternorm entsprechen, auf verarmte Menschen aller Schattierung und Hautfarben. Man bedient sich der Hetze des rechten Rands, nicht weil man von ihm getrieben wird, sondern weil zu dessen Positionen kein eklatanter Widerspruch mehr besteht. In der Ablehnung der Antifa sind sich diese Kräfte einig. Und in der Migrationspolitik wird dieser Schulterschluss offenkundig. Deutschland wird gerade wieder zu einer treibenden Kraft gegen Migration im europäischen Kontext. Die Grenzen zwischen den verschiedenen politischen Lagern verwischen nicht nur, wie wir oben angedeutet haben. Sondern sie sammeln und vereinen sich zu einer neuen Kraft.

Dobrindt, Merz, Spahn, Söder etc. sind ideologisch im Geiste verwandt mit Trump, Netanjahu und der AfD. Wer queere Menschen als Zirkusclowns degradiert, für deren Fahne nicht der „Deutsche Reichstag“ zur Verfügung steht, obwohl diese Menschen gerade ins Visier der neuen Rechten genommen werden, betreibt bereits das Geschäft der Faschisten, bzw. – und das ist das Entscheidende – hat keinen nennenswerten Widerspruch dazu. Im Gegenteil, man sieht das in der Sache ähnlich. Wer jetzt den Kampf gegen die AfD auf die CDU erweitert und das als den neuen Antifaschismus definiert, wird unserer Ansicht nach keinen Erfolg haben, den Faschismus zu verhindern. Wer nur die CDU-AFD als Bedrohung ausmacht, übersieht, wie schon erwähnt, die wachsende Zustimmung bis in die anderen Lager hinein, ob SPD, GRÜNE,BSW etc.. Und auch DIE LINKE haben repressiven Maßnahmen zugestimmt, wenn sie in der Regierung saßen.

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Weil die Selbstgerechtigkeit und der erhobenen Anspruch auf die „Welt als Beute“ zum eigenen Wohl die gesellschaftliche Matrix bildet, die gerade zur Krisenbewältigung aufgegriffen wird, finden sich „linke“ wie „rechte“ Kräfte in gemeinsamen Bündnissen wieder. Wir glauben, dass die Beschreibung von links und rechts nicht mehr aussagekräftig ist. Der Neoliberalismus als gesellschaftliches Modell hat eine Entkollektivierung und gesellschaftliche Entsolidarisierung freigesetzt, die das eigene Interesse als Zentrum setzt. Und das geht bis tief in unsere eigene Strukturen hinein, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen.

Ob gesellschaftliche Brüche entstehen, ist noch nicht ausgemacht. Denn der Einzug der neuen Rechten hat ebenfalls ein Legitimationsproblem, weil sie die Krisen auch nicht lösen werden. So bleibt den aktuellen und zukünftigen Regierungen nur die Politik des Ausnahmezustands und sie  werden diesen zur Normalität erheben. In diese Betrachtungsweise ordnen wir den  „Budapestkomplex“ ein. Als Anfänge eines Ausnahmezustands.

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Maja ist in diesen Fleischwolf eines profaschistischen Kulturkampfs geraten, weil die Antifa, die in Budapest richtigerweise intervenieren wollte, die Situation möglicherweise falsch eingeschätzt und den Gegner in seinem Verfolgungswillen unterschätzt hat. Die europäische Fahndung, die enge Kooperation zwischen ungarischen Bullen und dem LKA-Sachsen beispielsweise, die illegale Abschiebung von Maja und die Androhung von 24 Jahre Knast, für einen Tatvorwurf, für den das Gericht bisher keine Beweise vorgelegt hat, zeugen von einem Vernichtungswillen, der erst am Anfang steht. Auf öffentlichen Flatscreens wurde europaweit nach den Antifas gefahndet, als wäre hier eine Guerilla zu zerschlagen. In Frankreich wurde Gino mit einem Antiterrorkommando festgenommen. Doch die Entwicklung des Widerstands gegen die Hetzjagden und Festnahmen ist nicht gebrochen oder wirkungslos. Vor dem Hintergrund der großen Proteste in Italien für die Befreiung Allerias sah sich Meloni gezwungen, die italienische Antifaschistin aus dem ungarischen Knast zu holen.
In Frankreich verhinderten Unterschriften bekannter Persönlichkeiten für Gino seine Auslieferung. Für Gino war entscheidend, dass Maja ihre Situation im Knast veröffentlichte. Die französische Justiz gilt als weniger gleichgeschaltet als die deutsche und entschied gegen die Auslieferung.
Und Zaid in Deutschland wurde nicht ausgeliefert, sondern freigelassen, weil die Justiz keinen zweiten „Fall Maja“ wollte. Zu viel Staub hatte die Entführung von Maja aufgewirbelt. Zu viel Öffentlichkeit und unangenehme Fragen. Und zu viele militante Aktionen in sehr vielen Städten Deutschlands. Einen weiteren Rechtsbruch wollte die Justiz zu diesem Zeitpunkt nicht noch zusätzlich in der öffentlichen Debatte haben. Die Wirkung von Majas Widerstand, des Supports der Familie, der massiven Solidarität eines Teils der der Antifa verbundenen Bewegung und die bürgerliche Öffentlichkeit ist nicht zu unterschätzen.

Gleichzeitig ist der Vernichtungswille gegen die Antifa dadurch nicht zurückgegangen. Hanna, beschuldigt der Teilnahme an militanten Aktionen gegen die Nazis in Budapest, sitzt in Bayern im Knast und wurde gerade zu fünf Jahren Haft verurteilt, obwohl die Beweislage nicht eindeutig war. Hanna wurde im Knast sitzend für ihre künstlerische Arbeit mit dem renommierten Bundeskunstpreis ausgezeichnet. Polizei und Justiz, geeint in ihrem Vernichtungswillen gegen die Antifa und den Hass auf Frauen im Widerstand, lancierten die kommende Verleihung an die schwarz-braune „Welt“ und diese startete die übliche Hetze. Nun wurde Hanna von der „Akademie der Künste“ plötzlich von der Preisverleihung ausgeschlossen, ihre Verleihung auf Eis gelegt, weil eine Preisverleihung an eine „Terroristin“ nicht gehe. Ihre Auszeichnung geht zurück auf Arbeiten, die sich mit Migration, Misogynie und aktuell, mit ihrer Knastrealität beschäftigen. Studierende sind solidarisch, aber eine Unterstützung aus dem renommierten Kunstbetrieb bzw. von Professor:innen bleibt aus. Dabei hat Antifaschismus als Thema im Kunstbetrieb gerade Konjunktur. Die Vernichtung von Hanna als Künstler:in hat Methode – dies als Anfänge eines heraufziehenden neuen Faschismus abzuwehren, ist ein weiteres Feld, auf dem wir intervenieren lernen sollten.
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Diese innenpolitische Verschärfung korrespondiert mit der Entgrenzung in der Außenpolitik. Und auch wenn es den Anschein hat, als haben diese Entgrenzungen nichts miteinander zu tun, zeigt sich sowohl  innenpolitisch als auch außenpolitisch in den ständig neuen Tabubrüchen, wie das Klima im wahrsten Sinne des Wortes immer rauer wird. Für sich gesehen, sagen wir da nichts neues und doch wollen wir aus aktuellem Anlass auf einen Aspekt nochmal eingehen.
Wer wie die Bundesregierung eine Armee und deren Führung dazu ermutigt, die „Drecksarbeit“ für „uns“ – die „freie Welt“ – zu erledigen, ist nicht nur Komplize in dem aktuellen Genozid im Gaza – sondern setzt jegliche völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Standards außer Kraft. Die deutsche Regierung nutzt den historischen Bezug auf den Genozid aus taktischen Gründen, um sich an einem aktuellen Genozid zu beteiligen, in dem Sinne, dass sie keinen Einhalt gebietet. Während man in regem Waffenaustausch ist und sich einen neuerdings begrenzten Stopp der Waffenexporte nach Israel erlaubt (zu spät, und ohne Auswirkungen), rührt man nicht an dem Grundproblem. Wie kommt es, dass deutsche Ersatzteile in israelische Panzern verbaut sind, mit denen gerade ein Menschenrechtsverbrechen nach dem anderen begangen wird? Wobei nebenbei gesagt, jeder Panzer auf der Welt einer zu viel ist – egal wo er rollt.
Wie kommt es, dass man noch immer an dem Wissens- und Waffentransfer teilhaben will, wie zum Beispiel dem Raketenabwehrsystem Arrow-3? Unabhängig davon, dass Waffengeschäfte generell eines der dreckigsten Tätigkeiten von Menschen sind: Mit dem Kauf des Arrow-3-Systems für über 3,5 Milliarden Euro finanziert man die Politik des Aushungerns und des Genozids durch Israel.
Mit der fortlaufenden Akzeptanz des Genozids im Gaza ist der Weg für weitere Verbrechen in der Welt geebnet, denn eine Gewöhnung stumpft uns ab und führt zu Resignation, wenn wir keine Antwort darauf finden, die den Verhältnissen angemessen ist. Ohne an den Wurzeln des Übels zu rühren, wird der nächste Genozid auch mit deutscher Beteiligung nur eine Frage der Zeit sein – wenn es der Staatsräson dienlich ist. Und, das ist wichtig  zu erkennen, die Verstümmelung völkerrechtlicher Standards wird nicht nur dazu führen, dass diese Leitplanken, auf die man in Konflikten irgendwie zu achten hätte, wenn man nicht geächtet werden will, immer weniger  existieren. Sondern dies wird auch innenpolitisch zurückschlagen. Wer außenpolitisch keine Rücksicht mehr auf Menschenleben nehmen muss, wird auch innenpolitisch gegenüber Minderheiten und einer unliebsame Opposition auf Menschenrechte schneller pfeifen, als wir schauen können.
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Menschenrecht, Asylrecht, Völkerrecht – das stört in der Neuorientierung zwischen den verschiedenen autoritären Konzepten zur Sicherung der wirtschaftlichen und militärischen Macht im weltweiten Konkurrenzkampf. Und auch der in Deutschland verhältnismäßig starke Datenschutz wird scheibchenweise abgeschafft, damit das Bundesinnenministerium die Spionagesoftware von Palantir demnächst bundesweit gegen die gesamte Bevölkerung einsetzen kann – zur Sicherung des Staats, der Wirtschaft und seiner Herrschaft. Palantir ist eine von Faschisten entwickelte Gesichtserkennungs- und Überwachungssoftware und dient einer autoritären Machtergreifung zur Kontrolle über jeden Widerspruch. Palantir arbeitet genau gegen Menschen wie Maja, die auf legalen und militanten Ebenen diesem autoritären Ruck quer durch die Gesellschaft zu begegnen versuchen. In Budapest hingen Gesichtserkennungskameras an der Demostrecke der illegalisierten Pridedemo 2025. Bald Standard auf Demos? Die Einführung von Überwachungssoftware, die „abnormales“ Verhalten KI-gestützt „erkennt“ und an Institutionen, die zunehmend autoritärer werden, weiterleitet, sind bereits für Berlin in Planung. Die Deutsche Bahn erprobte am Südkreuz vor Jahren bereits Software zur Gesichtserkennung.

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Vor diesen autoritären Entwicklungen ist die Kriminalisierung der Antifas im Zusammenhang mit Budapest und die internationale Fahndung einzuordnen, die soweit geht, eine Person für uns alle sichtbar brechen zu wollen und bis zu 24 Jahre in einem Loch wegzusperren. Antifa und Non-binär – ein besseres Feindbild gibt es fast nicht. Maja ist vor allem deshalb eine Geisel in den Händen einer immer enthemmter handelnden autoritären Bewegung, weil dieser keine substanzielle soziale, militante Perspektive entgegengesetzt wird, die überzeugt. Wir alle, und nicht nur Maja oder Hanna, sind gemeint. Alle, die wir gegen diesen autoritären Moment zu handeln versuchen. Wir, die wir Empathie mit den Menschen in aller Welt haben und nicht zuschauen wollen. Wir, die wir selbst Schmerz und Leid kennen und ahnen, was andere erleiden. Wir, die wir daran glauben, dass eine Welt möglich wäre, die keinen menschengemachten Schmerz, keine Traumatisierung und Leid kennt, weil wir die grundlegenden Ursachen dafür – die Ungerechtigkeiten und jegliche Herrschaftsstruktur beenden können. Was wir Menschen angerichtet haben, können wir auch korrigieren. Auch wenn wir nichts ungeschehen machen können, wir sind den Kämpfenden, den Toten und Ermordeten vor unserer und in der aktuellen Zeit verpflichtet, alles uns Mögliche zu versuchen, damit dieses weltweite Leiden ein Ende findet. Es mag sich pathetisch anhören, aber das Grauen des zweiten Weltkriegs, der KZs und der 60 Millionen Toten – als Ausdruck menschlichen Abgrunds hat diesen starken Ausspruch hervorgebracht: Nie wieder! Weder Krieg noch Auschwitz, weder Waffen noch Genozid. Natürlich sind unsere Praxen mit all den Schwächen und Fehlern behaftet, die uns analytisch und praktisch begleiten. Wie kann es anders sein, als dass wir Fehler machen. Aber wir handeln und versuchen unser Bestes, diese Entwicklungen aufzuhalten, zu verlangsamen, zu stoppen und einige versuchen diese sozial und revolutionär zu wenden.

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Majas illegale Auslieferung ist vor allem auf dem Hintergrund einzuordnen, dass die aktuellen Repressionsbehörden sich in einem inneren Widerstreit befinden, der alte Standards in Rechtsfragen nicht mehr akzeptiert und neue Standards setzt.
In diesem Klima ist die Auslieferung von Maja natürlich keine Frage von zu später Kommunikation zwischen den Apparaten, es ist auch kein Systemversagen und kein Fehler im System. In der Dynamik eines sich wandelnden Systems hin zu einer rechtskonservativen, rechtsradikalen und totalitären Richtung, haben bestimmte Kräfte innerhalb des Apparats eine bewusste Entscheidung getroffen. Und es ist kein Einzelfall: Die Abschiebung einer jesidischen Familie im Juli 2025 aus Lychen in den Nord-Irak lief inmitten eines Eilantrags vor Gericht. Man wartet nicht ab, sondern beugt das Recht, sodass sogar vereinzelt SPDler und CDUler, die noch dem alten demokratischen Staat anhängen, entsetzt waren. Der Völkermord an den Jesiden durch den IS, politisch anerkannt durch den Bundestag noch vor zwei Jahren, zählt heute nichts mehr.

Und diese enthemmten Akteure waren und sind allen Institutionen zu finden.  Sie müssen als eine sich entwickelnde Bewegung definiert werden, die in jeder Hinsicht tödlich ist. Sie ist kriegerisch, d.h. konterrevolutionär, antiemanzipatorisch, autoritär, queerfeindlich und misogyn, antifeministisch, rassistisch und kolonialistisch und klerikalfaschistisch. In Verbindungen mit den Tech-Faschisten, den religiösen Fundamentalisten (wahlweise den islamistischen, evangelikalen oder anderen) und den neuen Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten durch KI werden sie zu einer Gefahr, die neue Formen und Strukturen todbringender Herrschaft schaffen wird. Dieser Aspekt wird von uns in der Antifa oft übersehen.   Denn auch wenn der militante Widerstand von Antifagruppen zum Beispiel die Bewegungsfreiheit der AfD einengt, und die Partei deswegen z.B. immer wieder notorische Raumprobleme hat, ist der Fokus unserer Ansicht nach trotzdem zu verengt und greift in seiner Perspektive zu kurz. Die zu enge Fixierung auf die Rechten denkt Antirassismus und Antisexismus  nicht mit, obwohl Rassismus und Sexismus zur DNA bei faschistischen Strömungen zählt. Folglich greift oft unser Widerstand nicht deren Fundament an.

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Das hat mit der Zusammensetzung unserer Antifastrukturen und den Altlasten zu tun, die im Mackertum, in der Anlehnung an kommunistische Ideologien aus den 1920ern und einer Fixierung auf eine Jugend- und Eventkultur liegen – und die nicht für eine revolutionäre und soziale Perspektive für die Gesellschaft standen und stehen.

Soziale Errungenschaften, die den Mächtigen mühsam und unter Einsatz des Lebens im letzten Jahrhundert und auch davor oft abgerungen wurden, werden zurückgedreht und der Verrohung wird Platz geschaffen. Die Staatsinstitutionen sind darin kein passiver Teil, sondern sind und werden aktive Kampfverbände. Je nach Ort sind die Abschiebeinstitutionen mittlerweile offen in der Hand der AfD und verhalten sich gegenüber hier lebenden Geflüchteten auch so. Und dies ist kein Selbstzweck, sondern das Ergebnis einer patriarchalen, einer neokolonialen Entwicklung, die bereit ist, das Klima kippen zu lassen, den Massenmord weltweit als notwendiges Übel hoffähig zu machen und die Menschen gegeneinander in Kriege zu zwingen. Und in der die Abwertung und die Entmenschlichung von „Minderheitenpositionen“ normaler Bestandteil und illegale Einwanderung oder Fluchthilfe zum Terrorismus wird. Weil die Selbstgerechtigkeit, das, was einige Gruppen der jüngeren Zeit die „imperiale Lebensweise“ nennen, das bestimmende Merkmal dieser totalitären Entwicklungen ist, finden sich in allen politischen Bereichen von rechts bis links Zustimmungen zu diesem neuen autoritären Ruck, der sich durch die gesamte Gesellschaft zieht.  Diese entsolidarisierende Lebensweise führt auch zur Erosion von Werten und Utopien und wir können dann nicht mehr spüren, dass es sich lohnen würde, dafür zu kämpfen.

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Wir befinden uns, wie schon erwähnt, in einem Anfangsstadium einer techno-faschistischen, rechtskonservativen und klerikal-reaktionären weltweiten Veränderung der Herrschaftsbedingungen, die einer totalitären Machtergreifung gleichkommt. Jedes Leben, das nicht verwertet werden kann, ist existenziell bedroht. Jede „Abnormalität“ von den sich herausbildenden konformen Vorgaben, kann lebensbedrohlich werden. Mit dem verhindern eines „Rechtsrucks“ ist diesem Problem nicht beizukommen, weil, wie gesagt, die gleiche Abwehr gegen queere Menschen, gegen Geflüchtete, gegen Arme auch in sogenannten progressiven und linken Strukturen zu finden sind, die sich mit autoritäre Positionen identifizieren  und sogar offen „Leaderships“ unterstützen.

Vor diesem Hintergrund ist die Auslieferung von Maja zu beurteilen. Es findet bereits ein Kampf in den Institutionen statt. Während die einen Kräfte noch die alten Standards der demokratischen Institutionen als gültig betrachten, arbeiten andere Kräfte an deren Auflösung und Verschiebung hin in eine autoritärere Struktur.

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Die Zuständigen in Politik und Behörden sagen in Bezug auf Maja, sie können derzeit nicht handeln. Sie müssten erst ein rechtmäßiges Urteil in Ungarn abwarten, um eine Überstellung Majas in einen deutschen Knast in die Wege leiten zu können. Das ist Bullshit. Formaljuristisch mag diese Antwort stimmen. Die ganze Wahrheit aber ist, es ist politisch nicht gewollt. Man ist bereit, Maja im Knast krepieren zu lassen, weil die politischen Koordinaten so gewollt sind. Ein Merz, ein Dobrindt geben auf das Leben von Menschen wie Maja nichts. In der Logik ihrer Agenda lassen sie gerne andere die „Drecksarbeit“ machen. Die Politik hat immer Spielräume, eine Person, die ihr wichtig ist, aus einem Land heraus zu bekommen. Sie wollen es nicht. Das ist die Wahrheit.

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Also muss unsere Praxis mit einer Organisierung verbunden sein, die dem wachsenden autoritären Prozess angemessen gegenüber treten kann. Lasst uns in unserem Handeln so stark werden, wie die Wirklichkeit, der wir gegenüber stehen. Anders bekommen wir Maja nicht aus dem Knast.

Konkret: Militanten Gruppen, die zu Faschismus, Klima, Krieg, Rassismus, Ökologie, Verkehr, Biopolitik, Gesundheit, Agrarpolitik, Menschenrechten, Gentrifizierung, Antikolonialismus, Feminismus etc. aktivistisch unterwegs sind, können ihre Themen in Bezug zu dieser drohenden autoritären weltweite Konterrevolution setzen.
In der Maja als eine Gefangene von uns allen erklärt wird, die wir nicht alleine lassen werden.

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Was wir tun können?

Wir müssen die gesellschaftlichen Institutionen und Infrastrukturen in den Fokus nehmen, die den Faschismus ermöglichen. Und natürlich stellt sich die Frage, wodurch sich die politische Ökonomie auszeichnet, die diese Faschisierung wissentlich und systemisch ermöglicht.

Wir können Institutionen, innerhalb derer schon faschistische Verschiebungen stattfinden identifizieren und angehen. Und dann: Switch off!
Und wir können uns auf den Weg machen, neue Bündnisse zu suchen. Noch müssen wir nicht abtauchen. Können wir öffentliche Anlaufpunkte schaffen für sich neu definierende Bewegungen, die sich den totalitären Entwicklungen antiautoritär entgegenstellen?

Stark wäre eine politische und langfristige Organisierung, welche in der Lage ist, ungarisches Kapital zu verbrennen. Eine Organisierung, die in der Lage ist, die Grenze und das Repressionsregime innerhalb Ungarns zu löchern. Verzahnt mit einer Praxis, die deutsche Firmen, die mit dem Orbanregime paktieren, stört und zerstört. Deutschland investiert nach wie vor massiv in Ungarn. Wirtschaftliche Interessen gingen schon immer vor Menschenrechten. Das sollte teuer werden. Hier eine Auswahl von deutschen Unternehmen mit Wirtschaftsinteressen in Ungarn: Deutsche Bank AG, Lufthansa Group, BMW Group, DB Cargo, Deutsche Leasing Hungaria, Magyar Telekom (Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG), Audi AG, Mercedes-Benz Group AG, Bosch, Continental AG, Daimler AG, Siemens AG, Bosch Csoport, Knorr-Bremse.

Maja aus dem ungarischen Knast zu befreien geht nur über eine empfindlich spürbare Zerstörung ungarischer und deutscher Wirtschaftsbeziehungen und den Kapitalerträgen daraus.

Und auch weiterhin verfolgen wir eine Praxis, die den Nazis die Bewegungsfreiheit einschränkt – finanziell wie körperlich- und deren Reproduktionsorte vernichtet, deren Geld verbrennt, deren Konzerte und Publikationen zerschlägt. Macht mit.

Eine erkennbare Öffentlichkeit, die über uns als Antifa hinausreicht, und die wir über strömungsübergreifende Gespräche und neue Bündnisse herstellen können, über unsere einzelnen Blasen hinaus und ohne Anführertum und bezahlte Stellen, das wäre übelst gut. Am Umgang mit den Gefangenen entscheidet sich auch unsere Zukunft und die anderer Bewegungen. Der Kampf für unsere Gefangenen muss von unserer Seite unüberhörbar in die Gesellschaft hinein getragen werden. Diese Perspektive adressieren wir an alle, die diesen Text lesen.
Das Zusammenwirken öffentlicher und klandestiner Aktionen, die für die Gegenseite zu einem unübersichtlichen Flächenbrand wird, schafft eine Dynamik, die unsere Leute aus dem Knast frei bekommt. Oder unsere Gefangenen in unserer Mitte hält, obwohl sie hinter Mauern sitzen. Sie sollten in jeder Sekunde spüren, dass wir bei ihnen sind, weil wir hier draußen eine soziale Revolution vorwärts treiben. Denn wo sonst wäre die würdevolle Alternative?

Lassen wir uns dabei in den unterschiedlichen Herangehensweisen nicht spalten! Und lassen wir uns auch politisch in der Solidarität zu Kriminalisierungen in der Klimabewegung nicht spalten. Und beziehen wir die „Schutzhaft“ gegenüber illegalen Migrant:innen mit ein. Abschiebehaft oder Knast wegen Verstößen, die im Zusammenhang mit Migration entstehen, sind inakzeptabel. Der Knastkampf sollte mittelfristig auf gesellschaftlich erkennbar breiteren Boden fallen. Können sich andere Menschen in den Knästen vorstellen, ebenfalls in einen Hungerstreik zu treten, die sich zu einem gemeinsamen Kampf vereinen und den Forderungen ein größeres Gewicht verleihen?

Aktionen können ein Politikum werden, das sowohl das Orbanregime zu Zugeständnissen zwingt, als auch Deutschland, Maja aus dem ungarischen Knast zu holen. Schaffen wir Ausgangsbedingungen einer längerfristigen, antiautoritären Organisierung.

Wir schlagen eine konkrete Verabredung vor. Wenn Maja wieder als hafttauglich betrachtet wird, wird Maja wieder im Knast mit Milchglasfenstern eingeliefert. Das ist ein Punkt, zu dem wir nicht schweigen sollten. Sollte Maja (oder wer anderes von unseren Gefangenen) wieder in einen Hungerstreik treten, sollte es rappeln im Karton. Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft sollten teuer bezahlen. Oder wenn andere von uns ihr Leben im Knast behaupten müssen und uns brauchen. Wir sollten da sein. Und schlau angreifen.

Nutzen wir den Mut Majas in ihrem Kampf, den sie führt und für ihr Leben führen muss. Sie hat durch ihren Hungerstreik und die gesundheitlichen Folgen ihr Leben auch in unsere Hand gelegt.  
Wir schicken dir Maja viel Kraft und Liebe.
Wir haben deine Erklärungen gelesen. Wir sind bewegt und wünschen dir ein starkes Umfeld, das dir zur Seite steht und mit dir die richtigen Entscheidungen trifft.
Auch deinem Vater, der zu dir steht, schicken wir viel Kraft.
Mögen viele unserer Blumen, die wir dir schicken, in deinen Träumen erscheinen.

Für freies Fluten – Grenzen auf

Organisiert Euch für einen langfristigen Widerstand – Für das Leben

Freiheit für Maja – Freiheit für Hanna und für alle anderen

Antifa neu denken – Autoritären Strukturen keinen Fußbreit mehr

Soziale Lösungen für soziale Probleme – Für eine Gesellschaft ohne Knäste

Vulkangruppe; Freiheit für Maja und Hanna und all den anderen Gefangenen und verfolgten Antifas

P.S.:
Wir haben uns als eine Vulkangruppe eingebracht, und schließen uns den anderen Vulkangruppen an, weil diese vor uns mehrfach in ihren Erklärungen eine grundsätzliche Perspektive aufgezeigt haben und auf die Gefahr einer neuen Form der totalitärer Herrschaft und der Bedeutung des technologischen Angriffs Bezug genommen haben. Sie haben den Zusammenhang zwischen der Zerstörung der Erde, des Klimawandels, der Kriege mit einer gleichzeitigen wachsenden Gefahr für die Menschheit herausgearbeitet und aus ihrer Sicht Signale gesetzt, die wir als revolutionäre Perspektiven lesen. Sie haben Bezüge zu indigenen Kämpfen aufgemacht, die Wirtschaftsinteressen attackiert und den Wachstumswahn, die „imperiale Lebensweise“ und den Fortschrittsglauben als ein zentrales Moment der weltweiten Zerstörung heraus gearbeitet.